Die Erzählperspektive
Auktorial, neutral, personal oder in der Ich-Form?
Der Erzähler oder die Erzählerin zieht die Leser in den Bann Ihrer Geschichte. Daher ist die Frage der Erzählperspektive eine grundlegende Frage, die Sie als Autor vor Schreibbeginn klären sollten. Wir zeigen Ihnen, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Narrationsstrategien mit sich bringen …
Sie suchen eine Person, die in Ihre Handlung involviert ist? Mehr oder weniger stark kann der Charakter des Ich-Erzählers als Haupt- oder Nebenfigur Teil Ihres Plots sein. Denn der Ich-Erzähler erzählt aus seiner Sicht der Dinge. Ihre Lesers können durch die Einsicht in seine Gedanken und Gefühle die Taten oder Entscheidungen des Ich-Erzählers leicht nachvollziehen.
Falls Sie das Gegenteil beabsichtigen, können Sie den Leser durch seine Intensive Innensicht stören.
Gleichzeitig schränkt sich durch diese Perspektive allerdings auch der Informationsfluss ein, der Ihrem Leser zugänglich gemacht werden soll:
Es sollte immer nur das berichtet werden, was der Ich-Erzähler erlebt (hat), sonst gilt er als unzuverlässig und nicht vertrauensvoll.
Durch diese Perspektive bieten Sie den Lesern das Maximum an Informationen. Auch können Sie ihre Figuren durch diese Erzählsituation so ausführlich wie nur möglich charakterisieren, da Sie zahlreiche Standpunkte und Ansichten anderer Figuren einfließen lassen können.
Eine wichtige Überlegung ist allerdings die zur Distanz, die sich zwischen einem auktorialen, erhabenen Narrator und seinem Leser auftun kann. Möglicherweise könnten Sie durch diesen Erzähler Ihren Leser verlieren: Wenn Sie sich zu weit von Ihren Protagonisten entfernen, kappen Sie die emotionale Beziehung zwischen Leser und Figuren.
Diese Narrationsstrategie ist die beliebteste und wird wie eine Art Kameraperspektive beschrieben: So schaut dieser Erzähler in das Geschehen.
Die personale Erzählperspektive bietet eine gute Mischung aus Distanz und Nähe zum Charakter. Die Leser erhalten zwar Einsicht in das Innere des Erzählers, andererseits fällt es durch die sprachliche Distanz der dritten Person leichter, den Charakter kritisch zu beurteilen.
Ähnlich wie bei der Ich-Perspektive können Sie bei der personalen Erzählsituation die Leser an den Gedanken und Gefühlen des erzählenden Charakters teilhaben lassen. Jedoch wird dieser Charakter mit Namen und in der dritten Person als sie oder er beschrieben. Anders als bei der Ich-Perspektive können Sie die Geschichte aus der Sicht mehrerer erzählender Charaktere darstellen.
Adam zog sich die nasse Wollmütze vom Kopf und schüttelte sich verärgert die Haare. Warum hatte er heute Morgen nicht daran gedacht, den Regenschirm mitzunehmen? Er nahm sich vor, ihn das nächste Mal nicht wieder zu vergessen. Vielleicht sollte er sich eine Notiz schreiben, dachte er und suchte nach einem Stift.
Gisela ging indessen, den Schirm in einer Hand, das Kind an der anderen, schweren Herzens nach Hause. Sie wollte mit Adam sprechen, es war endlich Zeit, das hatte sie sich geschworen.
Ich zog mir die nasse Wollmütze vom Kopf und schüttelte mir die Haare auf. Sie fühlten sich recht fein an, ich hatte das Gefühl, dass es etwas weniger geworden waren. Bis auf die Knochen nass nahm ich mir vor, das nächste Mal an einen Regenschirm zu denken. Ich war wie immer etwas schusselig, das musste ich mir selbst eingestehen.
Mit dem erlebenden Ich tauchen die Leser ab in dessen Welt. Wie bei einer Livesendung erleben die Leser das mit, was dem Charakter in Ihrer Geschichte widerfährt. Durch diese Perspektive können Sie eine fesselnde Spannung erzeugen und die Leser mitreißen.
Ich zog mir die nasse Wollmütze vom Kopf und schüttelte mir die Haare auf. Dies würde auch später noch meine Gewohnheit, sein, selbst wenn mir das letzte Haar bereits ausgefallen war.
Auch den Vorsatz, das nächste Mal einen Regenschirm mitzunehmen, würde ich wie üblich nicht mehr in die Tat umsetzen. So war ich nun mal, auch wenn ich es mir damals nicht eingestehen wollte, dafür war ich zu stolz.
Die Sicht des erzählenden Ichs gleicht der des erlebenden Ichs. Jedoch kann das erzählende Ich aus einer Rückschau heraus eine reflektierte Bewertung seiner Erlebnisse vornehmen. Diese Perspektive bietet die Möglichkeit, das Geschehen etwas distanzierter zu vermitteln. Gleichzeitig bleiben die Handlungen des Ichs für die Leser nachvollziehbar.
Welche Erzählperspektive für Sie infrage kommt, sollten Sie nicht intuitiv beim Schreiben herausfinden. Ein Buch braucht Planung und eine genaue Überlegung, wie Sie den Leser abholen wollen. Und das schaffen Sie am besten mit genauer Planung:
Empfehlenswert ist der Schreibratgeber „Der Roman. Planen – Schreiben – Veröffentlichen“ von Arwed Vogel. Für alle anderen Fragen zur konsequenten Einhaltung der Erzählperspektive unterstützen Sie unsere professionellen Lektoren gerne.